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Ederer gewinnt im Kampf gegen PSE-Jobs

by Galadriel posted on 27.06.2010 21:05 last modified 27.06.2010 21:05

Ende Juni gehen wieder einmal hunderte von KollegInnen der ehemaligen Programm- und Systementwicklung (PSE) von Siemens Österreich (SIS) in die Arbeitslosigkeit, hinterlassen leere Büros und Fassungslosigkeit bei den Verbliebenen. Aber auch die verantwortliche Vorstandsvorsitzende von Siemens Österreich Brigitte Ederer geht - allerdings in die Münchner Konzernzentrale -, um auf dem frei gewordenen Vorstandsposten des Arbeitsdirektors unter anderem den Personalabbau der SIS-Ausgliederung abzuwickeln. Wir berichten, wie Ederer den Kampf gegen die PSE-Arbeitplätze in Österreich gewann.

Shareholder Value Prinzip: Höhere Margen

Seit Analysten von Goldmann Sachs bis Dresdner Bank festgestellt haben, dass die Siemens-Margen im Geschäft mit Telekommunikationssystemen und IT-Lösungen der Marktentwicklung hinterhinken werden Manager gesucht, die eine "Portfolio-Bereinigung" dieser Bereiche erfolgreich bewerkstelligen.

Mit der Volkswirtin, ehemaligen Staatssekretärin, Wiener Finanzstadträtin, Bundesgeschäftsführerin der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) und Noch-Vorstandvorsitzenden von Siemens Österreich Brigitte Ederer scheint Siemens Chef Peter Löscher nun die ideale Besetzung gefunden zu haben.

Zeigt doch die Zerschlagung der österreichischen PSE-Belegschaft, dass Ederer ihr Geschäft der Umgestaltung und des Personalabbaus zugunsten der Siemens-Rendite nach Löschers Worten "meisterhaft beherrscht":

http://www.netzwerkit.de/projekte/netleiwand/chronik/pse-mitarbeiterinnen-oesterreich.jpg/

Unter Brigitte Ederer verloren 1.100 PSE-MitarbeiterInnen ihre hochqualifizierten Arbeitsplätze bei Siemens Österreich; die Siemens-Aktie verdoppelte hingegen seit Ende 2008 wieder ihren Wert.

Ederer-Prinzip: Teile und herrsche

So sind Ederer bisher Ausgliederungen von 240 KollegInnen (2007), organisatorische Abspaltungen von 540 KollegInnen (2009) und Sozialplan-Austritte von rund 1.100 KollegInnen (2009/10) bei der österreichischen PSE zu "verdanken". Die Vorstandsvorsitzende kommentierte das auf einer Pressekonferenz im Jahre 2008 wie folgt: "Die Leute sollen freiwillig einsehen, dass sie gehen wollen". Darüberhinaus mussten auch hunderte von LeiharbeitskollegInnen ihre oft Jahre dauernden Jobs bei der PSE aufgeben, da Frau Ederer sie in Intranet-Chats immer wieder als nur kurz beschäftigte "ZeitarbeitnehmerInnen" bezeichnete und ansah.

Nach Umsetzung der zukünftigen, bereits fertig ausgearbeiteten Ausgliederungs-, Abspaltungs- und Restrukturierungspläne durch Ederers Nachfolger, den sozialdemokratischen Parteifreund Wolfgang Hesoun, sollen von den heute rund 1.500 Ex-PSE-KollegInnen nur noch etwa 300 im Jahre 2013/14 bei der Siemens AG Österreich übrig bleiben. Ederer am 21.06.2010 vor Journalisten: Dann habe sie es geschafft, "dass die großen Baustellen weg sind".

PSE-Betriebsratsprinzip: Öffentlichkeit und Solidarität

Der Betriebsrat der ehemaligen PSE hat immer versucht, Ederers jahrelangem Psycho-Druck von oben die Information der Öffentlichkeit sowie die Solidarität und Mobilisierung der KollegInnen entgegenzusetzen, um damit den Personalabbau zu verzögern und zu verteuern. Das ist bis zu einem gewissen Maße auch gelungen.

Doch scheiterte er Mitte April 2010 damit, die 156 erstmals mangels genügend "Freiwilliger" ausgesprochenen Kündigungsabsichten des Vorstands zurückzuweisen. Denn Ederer hatte es endgültig geschafft, nicht nur die PSE-Belegschaft in MitarbeiterInnen mit und ohne Bleiberecht zu spalten sondern auch deren ArbeitnehmerInnen-Vertretung.

So wurden die mit 97% Zustimmung beschlossenen Kampfmaßnahmen gegen Personalabbau und für arbeitsplatzsichernde Geschäftsmodelle bis heute nicht umgesetzt, obwohl der Vorstand die geforderten Zukunftsperspektiven nach wie vor verheimlicht. Der vom PSE-Betriebsrat beschworene "Kampf um jeden Arbeitsplatz" bestand daher zum Schluss noch darin, für die 156 Kündigungsbedrohten einen Sozialplan auszuhandeln, damit sie einvernehmlich finanziell besser austreten konnten als wenn sie gekündigt würden. Denn sicher nicht jede Kündigungsanfechtung wäre erfolgreich gewesen. Außerdem versuchte der PSE-Betriebsrat in Gesprächen mit dem Vorstand, die Kündigungsliste so stark wie möglich zu reduzieren. Letztlich wurde allen verbliebenen Kündigungsabsichten vom Betriebsrat widersprochen.

Heute kämpfen jedenfalls noch drei ehemalige PSE-KollegInnen, die den Gang in die Arbeitslosigkeit und das letzte Sozialplan-Angebot verweigerten, um ihre Arbeitsplätze vor Gericht. Wir halten Sie darüber weiter auf dem Laufenden.

(4) Kommentare

Anonymer Benutzer 06.07.2010 20:08
Als einer dieser 156 der das Glück hatte diese Massnahmen sogar mit einem Karrieresprung zu verbinden, stellt sich mir heute nach Beendigung meiner 24 Jahre in der PSE (mit SDE konnte ich mich sowieso nie anfreunden) nur noch eine Frage. Welcher Gehirnwäsche wurden diese "Jungenossen" Ederer, Androch Ruttensdorfer etc. unterzogen, das Sie vergessen haben das die soziale Verantwortung über das Shareholdervalueprinzip zu stellen ist ? Eine sog. Arbeiterpartei die solche Leute "schützt und fördert" braucht sich nicht wundern, das sie keine Akzeptanz beim Wähler findet. Man braucht kein Prophet zu sein um vorauszusagen, dass "klein Laura" nach der Demontage von Fayman eine wichtige Position in einem staatsnahen Betrieb bekommen wird (vielleicht ÖBB ?).Leistung zählt da leider nicht, sondern nur das Netzwerk !
Zum Abschluss erlaube ich mir noch mich beim (ehemaligen PSE Betriebsrat) zu bedanken. Speziell die Kollegen Samadani und (der Name wurde von der NetLeiwand-Redaktion entfernt) waren mir immer eine Hilfe im Kampf gegen dieses "Ungeheuer". Mit einwenig Genugtuung beobachte ich wie mein unfähiger Exchef zunehmend selbst unter Druck gerät.
Galadriel 06.07.2010 20:25
Um KollegInnen - auch nicht indirekt durch Rückschlüsse - zu gefährden, hat die Redaktion jegliche Namen, welche in den Medien unbekannt sind, aus dem Kommentar "Soziale Gewissen der Fr. Ederer" entfernt.

Redaktion NetLeiwand
Anonymer Benutzer 14.04.2011 20:01
Nun, die ehemaligen PSE Mitarbeiter können es Frau Ederer "nachmachen" und sich auf die vielen freien Stellen des Siemens Konzernes, vor allem in Deutschland, bewerben. Das hilft Deutschland, den allseits beklagten Fach- und Führungskräftemangel, gerade im IT Bereich, zu mindern. In München wird man bei Siemens die ehemaligen Kollegen aus Österreich sicher mit offenen Armen und üppigen Gehaltsvorstellungen empfangen. DC
Galadriel 17.04.2011 11:37
Die ehemaligen PSE MitarbeiterInnen sind weder Siemens Vorstandsmitglieder wie Frau Ederer noch StudentInnen (im Studium): Bei 178 der derzeit 394 freien Stellen des Siemens Konzerns in München werden StudentInnen und PraktInnen gesucht; bei nur 23 dieser Stellen haben "Erfahrene Professionals (> 10 Jahre)" wie die ehemaligen PSE'ler eine Chance; und nur 5 dieser Stellen sind in den Bereichen "Research&Development" oder "Information Technology" noch frei. Nachprüfbar unter https://jobsearch.siemens.biz/.
Ich kann daher bei bestem Willen in Siemens München keinen Fach- und Führungskräftemangel an langjährig erfahrenen, ehemaligen PSE MitarbeiterInnen erkennen, der gemindert werden müsste - auch nicht im IT Bereich. Ich bitte um Aufklärung, wo denn genau in München bei Siemens die ehemaligen KollegInnen aus Österreich mit offenen Armen und üppigen Gehaltsvorstellungen empfangen werden bzw. sich erfolgreich bewerben können.

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